Clara und Olimpia unterschiedlicher könnten sie nicht sein. Was verbindet sie aber doch?

20. Dezember 2024

Clara und Olimpia unterschiedlicher könnten sie nicht sein. Was verbindet sie aber doch?  

Um den folgenden Text vollständig zu verstehen, sollte man unbedingt das Buch Der Sandmann von E.T.A Hoffmann gelesen haben. Im Deutschunterricht haben wir das Buch gelesen und bearbeitet. Ich werde die zwei im Buch vorkommenden Frauen vergleichen und mit Nathanael verknüpfen und in den zeitlichen Kontext einbetten.   

Im Unterricht haben wir uns über das Frauenbild, das im Buch vermittelt wird, unterhalten. Ich werde nun unsere Erkenntnisse genauer erläutern. 

Im Buch spielen zwei Frauen eine wichtige Rolle, welche nicht unterschiedlicher sein könnten. Wir haben einerseits die Verlobte von Nathanael, Clara und andererseits den Automaten namens Olimpia. Claras Name beinhaltet das Wort klar, und das Wort beschreibt ihren Character ziemlich gut. Clara hat eine logische Denkweise und agiert sehr aufklärerisch und rational. Clara bricht das traditionelle Frauenbild und stösst so auch auf Widerstände. Ihre rationale und logische Denkweise wird vor allem in ihrem Brief an Nathanael deutlich. Sie verhält sich sehr reif und versucht, Nathanael alles deutlich und klar zu erzählen, sie zeigt aber trotzdem Gefühle und versucht Nathanael ernsthaft zu helfen. Clara passt nicht in das damalige literarische Frauenbild. In der Romantik werden Frauen entweder als eine schwärmerische Muse oder als ein dämonisches Weib dargestellt, Clara passt aber in keines der beiden Bilder hinein. So erzürnt sie Nathanael welcher denkt, dass Clara kein Verständnis hat und sich nur aufspielen möchte, und gefühlslos sei. Clara nimmt eine sehr moderne Rolle ein, und dies führt zu einer Distanzierung zwischen Nathanael und Clara. 

Olimpia ist das komplette Gegenteil von Clara. Olimpia symbolisiert die perfekte Rolle einer Frau zur damaligen Zeit, welche keine eigene Stimme hat und nur als Projektionsfläche für die männlichen Wünsche dient. Nathanael erzählt Olimpia stundenlang Sachen, sie nickt nur und bejaht ihn. Nathanael findet das wunderbar an ihr. Olimpias Verhalten schafft keinerlei Platz für Konflikte, was bei Clara aus Nathanael Sicht ganz anders ist. Olimpia ist ein Automat, sie kann sich gar nicht mit Nathanael austauschen, doch er sieht nur ihre äussere Schönheit. Die innere Leere von Olimpia bemerkt Nathanael gar nicht, da er so auf sich selbst fixiert ist. Er liebt nicht die Person Olimpia, sondern ihre Illusion. Für den Leser ist Olimpia aber ein dämonisches Weib und ist sehr unheimlich. Hoffmann zeigt mit beiden Figuren auf, wie entmenschlichend und unrealistisch das Frauenbild war.  


Da Hoffmann aufzeigt, wie unrealistisch und entmenschlichend das damalige Frauenbild war, stellt sich die Frage: War E.T.A Hoffmann ein Feminist? 

Da es keine universelle Definition eines Feministen gibt, ist diese Frage schwierig zu beantworten. Ein Feminist setzt sich für die geschlechtliche Gleichberechtigung in verschiedenen Aspekten ein und versucht Ungleichheiten zu beseitigen.   Ich versuche also die Frage im zeitlichen Kontext anzugehen und beziehe mich vor allem auf dieses Werk. (Der Sandmann) 

Ich werde zuerst Aspekte, welche gegen eine feministische Haltung von Hoffmann sprechen, nennen. 

Ein wichtiger Aspekt ist in jedem Falle: Hoffmann hat sich nicht wirklich für die Gleichberechtigung der Geschlechter eingesetzt. Er hat in seinen Werken den Schwerpunkt eher auf die psychologischen Konflikte gesetzt. Wie im Werk Der Sandmann wird auf eine psychische Krankheit bei Nathanael hingewiesen. Ausserdem bedient sich Hoffmann, in anderen Werken wie auch im Werk Der Sandmann, an einem damaligen charakteristischen Frauenbild. In «Der Sandmann» ist das Olimpia. Er bedient sich bei weiblichen Charakteren an damaligen Klischees: Die Frauen sind passiv und dienen als Projektionsfläche männlicher Wünsche. Generell gab es den Begriff Feminismus zu dieser Zeit noch gar nicht und war in Deutschland kein Thema. Hoffmann ist nie explizit auf den Feminismus eingegangen, sondern eher auf Widersprüche in der Gesellschaft und in seiner Zeit.  

Gibt es jedoch trotzdem feministische Ansätze in seinen Werken? Oder genauer gesagt im Werk der Sandmann? 

Wie ich oben im Text schon erwähnt habe, kritisiert Hoffmann die Idealisierung und Darstellung der Frau mithilfe der Figur Olimpia. Da diese lediglich eine Kunstfigur ist, könnte man das als eine implizite Kritik am Frauenbild deuten: Eine richtige Frau kann diesem Ideal nicht entsprechen. Frauen werden zu dieser Zeit idealisiert und objektifiziert. Clara fungiert wie schon gesagt dabei als ein Gegenbeispiel und steht damit für eine fortschrittliche Frau in dieser Zeit. Die männliche Dominanz wird in dem Werk auch thematisiert. Clara wird ihrem Bruder und Nathanael untergeordnet und wird lästig dargestellt. Hoffmann reflektiert dabei patriarchale Strukturen, ohne diese jedoch explizit infrage zu stellen. Meiner Meinung nach war E.T.A Hoffmann kein Feminist seiner Zeit. Klar ist das schwierig zu sagen, da die damaligen Vorstellungen von geschlechtlicher Gleichberechtigung anders waren als heute. Es gibt aber Elemente in Der Sandmann die auf eine Kritik an den Geschlechterrollen Verteilung hinweisen. Hoffmann hat die Gesellschaft in seiner Gesamtheit kritisiert, ein Feminist war er deshalb meiner Meinung nach nicht. Er hat diese Themen nur kritisiert, aber nie klar ausgesprochen oder seinen Schwerpunkt daran gehängt.  

Quellen:   

E.T.A. Hoffmann (2003): Der Sandmann. Text und Kommentar. Kommentiert von Peter Braun. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. 

Titelbild wurde mit Chat GPT generiert.

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