Vorbereitung auf die mündliche Prüfung
Im Französischunterricht konnten wir eines der vorgegebenen Bücher auswählen, es lesen und anschließend eine mündliche Prüfung darüber ablegen. Ich habe mich für das Buch Bonjour Tristesse entschieden, da es mir am interessantesten erschien. Wir sollten eine Passage aus dem Buch auswählen, die wir besonders interessant fanden und die sich gut zur Analyse eignete. Im Unterricht bekamen wir Zeit, um uns auf die mündliche Prüfung vorzubereiten. Die wichtigsten Aspekte der Vorbereitung waren: den Auszug in den Gesamtzusammenhang einordnen zu können, das Hauptthema des Auszugs zu identifizieren, eine Detailanalyse durchzuführen – einschließlich der Analyse wichtiger Wörter, Ausdrücke und Sätze – und optional eine eigene Meinung zu formulieren.
Inhalt des Buches
Im Roman Bonjour Tristesse geht es um ein 17-jähriges Mädchen namens Cécile, das gemeinsam mit ihrem Vater Raymond und dessen Geliebten Elsa den Sommer am Meer verbringt. Raymond ist ein wohlhabender Mann, der zahlreiche Affären hat und ein Leben ohne feste Regeln führt. Eines Tages stößt Anne, eine alte Freundin der Familie, zu ihnen. Sie ist das genaue Gegenteil von Elsa: älter, strenger und intellektueller. Raymond verliebt sich in Anne und beschließt, sie zu heiraten.
Cécile fürchtet jedoch, durch diese Heirat ihre persönliche Freiheit zu verlieren, und beginnt deshalb, einen Plan zu schmieden, um die Hochzeit zu verhindern. Gemeinsam mit Cyril, einem Jungen, den sie sehr mag, inszeniert sie eine Liebesbeziehung zwischen Cyril und Elsa, um Raymond eifersüchtig zu machen. Der Plan gelingt: Raymond zeigt wieder Interesse an Elsa. Als Anne davon erfährt, ist sie tief verletzt und verlässt die Ferienunterkunft. Kurz darauf verunglückt sie mit dem Auto – ob es ein Unfall oder ein Suizid war, bleibt offen.
Ich habe einen Auszug gewählt, in dem das Frauenbild der damaligen Zeit sowie das des Romans besonders deutlich wird. In diesem Blogbeitrag werde ich dieses Thema näher untersuchen.
Das Frauenbild im Roman
Die drei zentralen weiblichen Figuren im Roman sind Cécile, Anne und Elsa.
Cécile ist jung, freiheitsliebend und rebellisch. Sie lehnt traditionelle weibliche Rollenbilder ab und genießt ihre Freiheit, ihre Sexualität und ein unkonventionelles Leben. Gleichzeitig ist sie emotional stark an ihren Vater gebunden und keineswegs unabhängig. Sie manipuliert andere Frauen und nutzt deren Gefühle für ihre eigenen Zwecke aus.
Anne ist eine kultivierte, erwachsene Frau. Sie steht für Seriosität, Reife und klassische Weiblichkeit – also für Pflichtbewusstsein, Ordnung und die Institution Ehe. Sie versucht, Struktur in das Leben von Raymond und Cécile zu bringen, was letztlich tragisch endet. Anne wirkt in ihrer Strenge und Kontrolle fast übermenschlich perfekt – und genau daran zerbricht sie.
Elsa ist Raymonds oberflächliche Geliebte. Sie ist sehr hübsch, naiv und emotional abhängig von ihm – eine typische "Dekorationsfrau". Sie wird von Cécile manipuliert und gedemütigt und besitzt weder Macht noch persönliche Entwicklung im Verlauf der Geschichte.
Feministische Perspektiven
Bonjour Tristesse ist kein feministischer Roman im klassischen Sinne. Die patriarchale Gesellschaft wird nicht aktiv kritisiert, und die weiblichen Figuren bleiben größtenteils emotional von Männern abhängig. Dennoch war die Erzählweise für ihre Zeit revolutionär. Die Ich-Erzählerin Cécile ist ein selbstbestimmtes Mädchen, das offen über ihre Sexualität spricht – ein Tabuthema im Jahr 1954. Sie durchbricht weibliche Klischees, indem sie klug, ironisch und ohne Schuldgefühle lebt.
Die Autorin Françoise Sagan war selbst erst 17 oder 18 Jahre alt, als sie den Roman schrieb, und verlieh damit Frauen in der Literatur eine neue, eigenständige Stimme. Das Buch war ein skandalöser Erfolg, da es Themen ansprach, die zur damaligen Zeit als unanständig galten: weibliche Lust, eine unkonventionelle Vater-Tochter-Beziehung mit viel Freiheit, sowie die Ablehnung von Ehe, Familie und gesellschaftlichen Konventionen. Das Frauenbild in Bonjour Tristesse ist komplex und widersprüchlich, für die Zeit jedoch äußerst provokant – auch wenn es aus heutiger Sicht nicht als feministisch im modernen Sinn gilt.